Schaumburger Zeitung, Schaumburg-Lippische Landeszeitung und SN  am 12.01.2005

 

 

    Gutachter: Abtragung des Kamms „optimale Lösung“

    Krauter sieht Vorsprengungen als Mitursache der Rutschung

    Steinbergen (crs). Die Zukunft des Messingsbergs ist nach dem Bergrutsch zweigeteilt: Im Osten ist der Kamm nach einhelliger Expertenmeinung nicht zu halten. Für das westliche Abbaugebiet hat Prof. Dr. Edmund Krauter als beratender Ingenieurgeologe in seinem Gutachten gestern zwei Möglichkeiten vorgestellt – eine Stabilisierung des Berges durch Vorschüttungen und die radikale Variante, den Kamm auf einer Länge von rund 500 Metern bis auf die Gleitschicht abzutragen.


    „Felsrutschungen hatten keinen konkreten Auslöser“: Prof. Dr. Edmund Krauter stellt sein Gutachten der Öffentlichkeit vor. Foto: tol

    „Es bleibt ein Restrisiko.“ So bewertet Krauter die Möglichkeit von Absprengung und Vorschüttung – obwohl im Unterschied zu bisherigen Sprengungen bis zu 20 Meter tief gesprengt werden soll und die Oberfläche des Untergrundes zur Erhöhung der Standsicherheit aufgerauht wird. Auch Dr. Siegfried Klingebiel, Geschäftsführer der Norddeutsche Naturstein GmbH, spricht von nur „20, 30 Jahren Haltbarkeit“.

    Die zweite Option, so Krauter, sei am Montagabend als „Vorschlag von der politischen Seite“ gekommen: Er als Gutachter hätte sich sonst kaum daran gewagt, eine derart radikale, aber „optimale Lösung“ vorzuschlagen. Im Klartext bedeutet das, den Kamm des Messingsbergs im westlichen Abbaugebiet auf einer Länge von rund 500 Metern und in einer Tiefe von bis zu 20 Metern bis auf die Gleitschicht abzutragen. Mit dem Abtragen des „gesamten gefährdeten Bereichs“ sei das Restrisiko aber „ein- für allemal weg“, stellt auch Klingebiel diese Lösung als die sicherste Option dar. Auch wenn sie auf den noch nicht abgeschlossenen Entscheidungsprozess verweisen, scheint klar: Sowohl Krauter als auch Klingebielund Landschaftsplaner Georg von Luckwald favorisieren offenbar die Radikal-Lösung. „Das macht auch die Rekultivierung und Wiederaufforstung leichter“, argumentiert von Luckwald.

    „Sehr erstaunt“ zeigte sich gestern Landkreis-Dezernentin Ursula Krahtz im Gespräch mit unserer Zeitung über diese Auffassung, die bei der internen Vorstellung des Gutachtens nur am Rande geäußert worden war. Von der Unteren Naturschutzbehörde kommt für diese Lösung keine Zustimmung: „Die Erhaltung des Kamms hat für uns oberste Priorität“, will Krahtz ein „völlig verändertes Landschaftsbild“ vermeiden.

    Hart ins Gericht geht Krauter mit den Gutachtern, auf deren Rat hin in den vergangenen Jahren Entlastungssprengungen veranlasst worden waren. Dieses Prinzip einer bremsenden Vorschüttung war damals als erfolgreich bewertet worden. Krauters Fazit fällt anders aus: „Der Versuch ist misslungen.“ Mehr noch: Durch die Sprengungen sei der Berg geschwächt worden, weil die „seitliche Einspannung“ fehle. Krauter: „Die Vorsprengungen sind Mitursache der Felsrutschungen.“ In eine ähnliche Richtung argumentiert Klingebiel: „Wir sind jahrelang einer Chimäre hinterher gelaufen, die sich als falsch und nicht tragbar erwiesen hat.“ Den Vorwurf einer Fahrlässigkeit der NNG stützt Krauter nicht: „Für den Betreiber hat es keinen Anlass gegeben, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen oder Abba umethoden zu ändern.“

    Einen konkreten Auslöser für die Felsrutschung vom 11. Dezember hat es nach Krauters Auffassung nicht gegeben. Stattdessen spricht er von einer „schleichenden Destabilisierung“: Die Spalten hätten sich ganz langsam geöffnet.

    Zurzeit wird an einem Kontroll- und Frühwarnsystem für eine permanente Überwachung gearbeitet. Diese Sofortmaßnahme dient vorwiegend einem Zweck: Den Steinbruchbetrieb will die NNG bis Mitte März wieder aufnehmen, eingeschränkt im ungefährdeten nördlichen Bereich. Der „Schutt“ im Geröllfeld ist für die Steinbruchbetreiber verwertbarer Rohstoff. Allerdings ist der Korallenoolith vermischt mit Dreck, zudem sieht Klingebiel einen „immensen Aufwand“, die zum Teil hausgroßen Gesteinsbrocken zu verarbeiten.

    Noch nicht hinreichend geprüft ist die Sicherheit des Steinzeichens rund um den Jahrtausendblick. Bis März soll das Gutachten vorliegen. Vorsichtige Einschätzung Krauters: „Zumindest dem Augenschein nach besteht hier keine Gefahr.“ Schaumburger Zeitung, 12.01.2005

    Berzereissen1

 

Schaumburg-lippische Landeszeitung, Schaumburger Zeitung am 12.01.2005

 

 

    Wischnat plädiert für Totalabbau des Berges

    Nachbar aus Eilsen macht Radikalvorschlag

    Rinteln/Eilsen (wer). Als einziger der anwesenden Politiker und Behördenvertreter hat Eilsens Samtgemeindebürgermeister Heinz Wischnat am Montag in einer internen Gesprächsrunde mit der Norddeutschen Naturstein GmbH den Vorschlag unterbreitet, die komplette Korallenoolith-Schicht des Messingsberges abzutragen. Nach Aussagen von Gesprächsteilnehmern soll sich Wischnat sogar „massiv“ für die Beseitigung der Kalksteinschicht eingesetzt haben – verbunden mit dem Hinweis, der Messingsberg würde dazu beitragen, Teile der Eilser Samtgemeinde mit Autobahnlärm zu belasten.

    Ein Totalabtrag des Kalksteins bis auf die Heersumer Schicht wäre die radikalste aller „Sicherungsmaßnahmen“, die Kammlinie des Berges würde massiv tiefer gelegt. Gutachter Prof. Dr. Edmund Krauter hatte zunächst weniger durchgreifende Vorschläge unterbreitet, bei denen der Kamm nicht beseitigt werden müsste (siehe Bericht rechts).

    Offenbar waren die Unternehmensleitung und der Gutachter vom Vorstoß Wischnats überrascht. Krauter erklärte gegenüber unserer Zeitung, er habe bei dem Termin mit den Politikern die Beseitigung der kompletten Kalksteinschicht nur als theoretische Option angeführt, „allein der Vollständigkeit halber“.

    Eine Empfehlung in diese Richtung wäre durch seinen Gutachterauftrag auch kaum gedeckt, denn der verlange ebenso eine Berücksichtigung des Landschaftsbildes, sagt Krauter.

    Dass er den Vorschlag gestern auf der Pressekonferenz trotzdem als Optimallösung dargestellt habe, begründet der Gutachter ausdrücklich mit der vorangegangenen Einlassung Wischnats. Schaumburger Zeitung, 12.01.2005

    2009: Der Messingberg und seine Geschichte (pdf-Datei hier downloaden)

 

Schaumburger Zeitung, Schaumburg-Lippische Landeszeitung, Schaumburger Nachrichten

 

 

    „Das Leben der Arbeiter aufs Spiel gesetzt“

    Landtagsabgeordnete Ursula Helmhold will Aufklärung: „Gefahr des Bergsturzes geradezu ignoriert“

    Rinteln (wm). Mit einer Anfrage zum Messingsberg hat sich die Rintelner Ratsfrau, Landtagsabgeordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Landtagsgrünen, Ursula Helmhold, jetzt an die Landesregierung gewandt. Helmhold möchte von der Landesregierung wissen, welche Bewegungen des Berges den zuständigen Stellen seit der Errichtung des offiziellen Messpunktes auf dem Kamm des Messingsberges bekannt sind.


    Das Foto mit dem eingeklemmten Bagger verdeutlicht die Dimension der Gesteinsbrocken, die beim Bergrutsch bis in die Abbauzone abgegangen sind. Niemand hätte sich hier retten können. Foto: tol

    Die Bewegungen des Berges, so Helmhold, seien bereits seit mindestens 1996 bekannt, und sie vermutet, dass nur deshalb keine Maßnahmen eingeleitet worden seien, um den Abbau nicht zu gefährden. Durch die fortwährenden Sprengungen für den Abbau sei zudem die Wand immer weiter destabilisiert worden, so dass der Abrutsch letztlich durch den immer weitergehenden Abbau geradezu provoziert worden sei.

    Dass Sprengungen eine Auflockerung des Gesteinsverbandes bewirken, sei jedem Bergmann und Steinbruchbetreiber seit jeher bekannt. Wäre dem nicht so, würde man diese Methode ja auch nicht verwenden. Eigentlich, so Helmhold, „ist die Gefahr eines Bergsturzes nicht nur unterschätzt, sondern geradezu ignoriert worden.“

    Außerdem möchte die Abgeordnete von der Landesregierung eine Bewertung der Folgen des Einsturzes der Steilwand im Hinblick auf die Anforderungen des Arbeitsschutzes, sowie des Schutzes für Anwohner und Erholungssuchende. „Mit dem Ziel der maximalen Ausbeute wurde bewusst und vorsätzlich nicht nur der Einsturz von Teilen des Berges und die damit verbundene, nicht reversible Landschaftsverschandelung in Kauf genommen, sondern auch Leib und Leben der Steinbrucharbeiter sind aufs Spiel gesetzt worden“, beklagt Helmhold. Die Verantwortlichen könnten von unglaublichem Glück sprechen, dass der Bergrutsch an einem Samstag zu einer Tageszeit erfolgte, als sich niemand dort aufgehalten habe.

    Ferner fragt sie danach, welche Konsequenzen die Landesregierung aus den offenbar falschen Schlussfolgerungen der bisherigen Gutachten zur Standfestigkeit des Messingsberges ziehen will.

    Für Helmhold ist klar: „Nachdem offenbar in der Vergangenheit die Verantwortlichen nicht in der Lage waren, die Vorgänge am Messingsberg richtig zu bewerten und jetzt so tun, als wäre der Berg für sie völlig überraschend eingestürzt, darf es keinen weiteren Abbau mehr geben. Man muss die Warnung des Messingsberges ernst nehmen. Keinesfalls dürfen Beschäftigte, Anwohner und Spaziergänger gefährdet werden!“ Außerdem müsse dieser Vorfall dazu führen, allen weiteren Abbaubegehrlichkeiten im Weserbergland endlich einen Riegel vorzuschieben. „Es darf hier keinen weiteren Berg für die Abbauindustrie mehr geben“, betonte die grüne Landtagsabgeordnete. Schaumburger Zeitung, 30.12.2004

    Ein Berg und seine Geschichte ( pdf-Datei zum downloaden)

 

Schaumburger Zeitung, Schaumburg-Lippische Landeszeitung und SN am 17.12.2004

 

 

    Neue Hiobsbotschaft: Bergkamm rutscht ab

    Auch Teile des Südhangs in Bewegung / Gutachter beauftragt / Ausschlag auf der Richterskala

    Steinbergen (wer). Nach dem Einsturz der Steilwand droht auf fast 300 Metern Länge auch der Kamm des Messingsberges abzurutschen. Ein 20 bis 30 Meter breiter Gesteinsblock vom Südhang bewegt sich langsam in den Steinbruch. Wie Luftaufnahmen bestätigen, trennt eine drei Meter breite Spalte den Felsblock vom Rest des Berges. Die Experten erwarten, dass sich die Bergkuppe auf die Geröllmassen des ersten Rutsches schiebt und dort zunächst aufgehalten wird.


    Fotounterschrift:Die Spalte südlich der Rutschung (durch den Schattenverlauf gut zu erkennen) trennt den Kammbereich vom Rest des Berges – der Gesteinsblock gleitet langsam abwärts. Geologie Dietmar Meier (kleines Bild) versucht, die Spalte zu vermessen. Fotos: Edwin Dodd/tol

    „Der Kamm ist abgängig“, fasst Diplom-Geologe Dr. Dietmar Meier den derzeitigen Erkenntnisstand zusammen. Gleitet der Gesteinsblock weiter abwärts, wird der Bergrutsch auch von Süden immer deutlicher sichtbar: Die Kammlinie erhält eine immer tiefere Delle.

    Um die Bewegung des Blockes zu überwachen, sollen an der Spalte Messstellen eingerichtet werden. Einen zweiten, ungebremsten Bergrutsch erwarten die Experten allerdings nicht mehr: Rund 30 Meter vor dem bewegten Gesteinsblock ist der Sockel der eingestürzten Steilwand stehen geblieben. Zusammen mit dem vorgelagerten Schutt könnte er ein mögliches Widerlager bilden.

    Um den Auslöser des Bergrutsches zu ermitteln, hat die Norddeutsche Naturstein GmbH in Abstimmung mit dem Gewerbeaufsichtsamt und dem Landesamt für Bodenforschung einen Gutachter beauftragt. Bis zum 11. Januar soll Prof. Dr. Edmund Krauter, Vorsitzender der Forschungsstelle Rutschungen an der Universität Mainz und Sachverständiger für Geotechnik des Eisenbahn-Bundesamtes, einen Zwischenbericht vorlegen. Zu den Aufgaben des Gutachters gehört auch, die Standsicherheit im westlichen Teil des Berges, inklusive des Jahrtausendblicks, zu bewerten.

    Laut Krauter seien die „Ursachenfaktoren“ für den Bergrutsch noch völlig offen. Ein sonst klassischer Auslöser, der Einfluss des Wetters, scheide offenbar aus: Starke Niederschläge habe es nicht gegeben. Krauter sieht die Ursache – vom Abbau der Berghälfte einmal abgesehen – eher „im Gebirge selbst“, das von tiefen Klüften durchzogen werde. Nicht alle Klüfte seien bekannt gewesen, erst jetzt kämen sie ans Licht. „Deshalb war der Bergrutsch nicht vorherzusehen“, sagt Krauter.

    Der Ingenieurgeologe weiß von vergleichbaren Ereignissen in anderen Steinbrüchen in Deutschland zu berichten. In seiner Dynamik stelle der Fall Steinbergen aber „eher eine Ausnahme“ dar.

    Der Zeitpunkt des Einsturzes steht inzwischen fest: Die Steilwand brach am Sonnabend exakt um 21.14 Uhr ein. Seismologische Messstationen bei Hannover und Clausthal-Zellerfeld haben die Erschütterung aufgezeichnet. Anhand der Daten kann Krauter nun das Tempo der abstürzenden Gesteinsmassen bestimmen.

    Die Experten gehen davon aus, dass der Bergrutsch in zwei Phasen erfolgte: Zuerst ist der vordere Wandteil eingebrochen, dann sind hintere Gesteinsformationen nachgerutscht. Auch Anwohner in Rolfshagen, die vom Abbau-Unternehmen befragt wurden, haben es zweimal Donnern und Poltern gehört. „Einige glaubten, da würde ein Flugzeug landen“, berichtet Geschäftsführer Dr. Siegfried Klingebiel. Schaumburger Zeitung, 17.12.2004

    Ein Berg und seine Geschichte ( pdf-Datei zum Downloaden finden Sie hier )

 

Schaumburger Zeitung in Rinteln, Schaumburg-Lippische Landeszeitung  am 15.12.2004

 

 

    „Messingsberg warnt uns“ - Abbau-Stopp gefordert

    Aktionsgemeinschaft verlangt Untersuchung aller Gebiete

    Rinteln (crs). Von Empörung und Besorgnis geprägt sind die Reaktionen auf den massiven Bergrutsch am Messingsberg – und von einer klaren Forderung: „Jetzt muss Schluss sein“, verlangt die grüne Landtagsabgeordnete Ursula Helmhold eine dauerhafte Stillegung des Abbaubetriebs am Messingsberg. Einen Abbau-Stopp für die ganze Region fordert die Aktionsgemeinschaft Weserbergland: „Wer sagt uns denn, dass die anderen Berge sicher sind?“

    Als Konsequenz aus den unzutreffenden Voraussagen fordert Helmhold die Norddeutsche Naturstein GmbH auf, von sich aus die Abbau-Genehmigungen zurückzugeben. Sollte das nicht der Fall sein, erwarte sie von den staatlichen Behörden, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Gesteinsabbau hier dauerhaft zu beenden: „Der Schutz von Arbeitern, Spaziergängern und Anwohnern ist ein höheres Gut als die Versorgung mit Rohstoffen.“

    Auch als Naherholungsgebiet falle der Messingsberg künftig aus, bedauert Helmhold: „Eine Freigabe des Kammwegs für Wanderer halte ich für unverantwortlich.“

    Das „Steinzeichen“ an dieser Stelle sei zum Mahnmal für den unverantwortlichen Raubbau an der Natur des Weserberglandes geworden. „Spätestens jetzt muss dem Letzten klar werden, dass unsere Landschaft keinen weiteren Raubbau an den Bergen verträgt“, so Helmhold. Es dürfe keine weiteren Abbaugebiete im Wesergebirge mehr geben. „Der Messingsberg warnt uns“, meint die Abgeordnete und kündigt Schritte auf Landesebene an.

    „Solange ein weiterer Bergrutsch nicht ausgeschlossen werden kann, muss der Abbau in unserer Region ganz gestoppt werden!“, fordert Elke Reineking als Sprecherin der Aktionsgemeinschaft Weserbergland. „Große Sorge“ haben die Freunde der Weserberge, dass weitere Abbauflächen in sich zusammenbrechen: „Was ist mit Todenmann, was ist mit dem Kahlenberg – ist da auch mit Bergrutsch zu rechnen?“, fordert Reineking eine umfassende Untersuchung für alle weiteren Abbaugebiete.

    Auch die Ursachen des Bergrutsches am Messingsberg will die Aktionsgemeinschaft Weserbergland lückenlos geklärt sehen. „Wer haftet dafür – der Betreiber, die Genehmigungsbehörden?“, fragt Reineking und gibt zu bedenken: „Die Warnungen waren doch da!“ Für den Messingsberg verlangt die Aktionsgemeinschaft eine „landschaftsgerechte Wiederherstellung“.

    Vorerst scheinen die Gesteinsmassen am Messingsberg nach Auskunft der Norddeutsche Naturstein GmbH zum Stillstand gekommen zu sein. Dennoch gibt Geschäftsführer Siegfried Klingebiel noch keine Entwarnung: „Mit leichteren Nachrutschungen müssen wir immer rechnen.“ Gestern Abend dauerten die Absicherungsarbeiten an. Spätestens bis heute Morgen soll die Abbruchstelle mit einem zwei Meter hohen Wildschutzzaun abgesperrt sein – der allerdings vor allem Menschen fern halten soll. Schaumburger Zeitung, 15.12.2004

    Der Messingsberg- Ein Berg und seine Geschichte  ( pdf-Datei zum downloaden finden Sie hier)

 

Schaumburger Zeitung in Rinteln, Schaumburg-Lippische Landeszeitung am 14.12.2004

 

 

    Berg rutscht noch immer: „Irrwitziges Tempo“

    Messingsberg zum Sperrgebiet erklärt / Geologen fassungslos / Eine Million Tonnen Steine in Bewegung

    Steinbergen (wer). Der Messingsberg rutscht noch immer, in der Nacht zu gestern haben sich erneut Gesteinsbrocken von der Steilwand gelöst. Südlich der Kammlinie haben sich drei Meter breite Spalten geöffnet – ob die Wand östlich der Einsturzstelle stehen bleibt, gilt derzeit als offene Frage. Fest steht: Die innere Dynamik des Berges haben Geologen und Gutachter fatal unterschätzt.


    Foto:Geschäftsführer Klingebiel (kl. Bild) auf der Pressekonferenz: „Gigantische Größenordnung“. Fotos: tol

    Auf einer Pressekonferenz wollte Dr. Siegfried Klingebiel, Geschäftsführer der Norddeutsche Naturstein GmbH, gestern noch keine Ursachenforschung für den Bergrutsch vom Sonntag betreiben. Bis Januar soll ein Gutachten Aufschluss über den Auslöser geben und Sicherungsmaßnahmen empfehlen. Davon wird abhängen, in welcher Form der Kamm des Berges erhalten bleibt.

    Auf 300 Metern Länge und bis zu 50 Meter tief haben sich Gesteinsschollen von der Wand gelöst. Auch der südliche Berghang ist betroffen: Etwa 20 Meter südlich der Kammlinie haben sich gewaltige Schluchten aufgetan. „Die Spalten gab es vorher nicht“, berichtet Geologe Dr. Dietmar Meier.

    Was die Geologen und Bergmechaniker am meisten verblüfft, ist das Tempo des Bergrutsches. In Wülpke galten sechs Meter in drei Monaten als rasant – hier bricht der Berg buchstäblich über Nacht zusammen. „Das habe ich in meinen schlimmsten Träumen nicht für möglich gehalten“, sagt Meier. „Es ist ein irrwitziges Tempo.“

    Auch Klingebiel hält den Bergrutsch, der rund eine Million Tonnen Gestein gelöst habe, für beispiellos: „Das ist eine gigantische Größenordnung, etwas Vergleichbares ist mir aus der näheren Umgebung nicht bekannt.“

    „Katastrophal“ und „schockierend“ nennt Landschaftsplaner Georg von Luckwald den Einsturz ausgerechnet an einer Stelle, die als „stabil“ gegolten habe. „Die Natur hat uns eines Besseren belehrt.“

    Weiter westlich, wo der Berg 1997 ins Rutschen kam, seien die Messpunkte an den Spalten regelmäßig überprüft worden. Die Bewegung sei hier bis auf wenige Millimeter gestoppt worden. An der Einbruchstelle hingegen gab es keine Messpunkte. Hier sei auch keine Rutschung zu erwarten gewesen, sagt Luckwald: Es habe keine Klüfte gegeben, keine Warnzeichen wie Steinschlag. Nur Jagdpächter Eberhard Falch will es in letzter Zeit „laut knacken“ gehört haben: „Ich habe mich da nicht mehr raufgetraut.“

    Warum die Felsmassen so plötzlich aus der Steilwand brachen, bleibt ein Rätsel. In den nächsten Tagen sollen Luftbilder Hinweise liefern. Als ein förderlicher Faktor gilt Feuchtigkeit, die in den Spalten nach unten dringen und eine tiefer liegende Gleitschicht in Schmierseife verwandeln kann.

    Im Gegensatz zum westlichen Bereich des Steinbruchs soll an der Rutschstelle aber nicht mehr bis unmittelbar auf die Gleitschicht, sondern etwas flacher und terrassenförmiger abgebaut worden sein. Die Steilwand ist oder war hier etwa 40 Meter hoch.

    Der westliche Bereich des Steinbruchs (in dem auch der „Jahrtausendblick“ steht) habe sich durch das „massive seismische Ereignis“ nicht verändert, gibt Geschäftsführer Klingebiel wenigstens für diesen Teil Entwarnung. Drei Entlastungssprengungen haben hier das gelöste Gestein wie einen Bremsklotz vor die Steilwand gelegt, die durch den Abbau potenziell instabil geworden ist. Insgesamt hatte das Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim im Jahr 2000 fünf Sprengungen angeordnet – die nächste sollte im kommenden Jahr an der Rutschstelle vorgenommen werden. „Ob sie den Bergrutsch verhindert hätte, ist fraglich, vielleicht hätte sie ihn gemildert“, meint Klingebiel.

    Auch das Gewerbeaufsichtsamt reagierte überrascht auf die Nachricht vom Bergrutsch. „So etwas darf nicht vorkommen“, sagt Amtsleiter Dr. Bernd Wiener und kündigt Maßnahmen an, um eine Wiederholung zu verhindern.

    Bis die Hintergründe durch das Gutachten aufgeklärt sind, ruht der Abbaubetrieb. Den Messingsberg hat das Unternehmen in Abstimmung mit Gewerbeaufsicht und Landkreis zum Sperrbezirk erklärt: Ein Zaun soll den südlichen Hang abriegeln, ein privater Sicherheitsdienst kontrolliert die Tore. Noch immer sind Gesteinsschollen in der Nähe der Einsturzstelle in Bewegung. Der Diplom-Geologe Meier warnt: „Das ist kein Ort für Abenteuertourismus, es ist lebensgefährlich!“ Schaumburger Zeitung, 14.12.2004

    Der Messingsberg - Die Geschichte eines Berges ( pdf-Datei hier downloaden )

 

Schaumburger Zeitung, Schaumburg Lippische Landeszeitung am 14.12.2004

 

 

    Fakten

    Bei aller plötzlichen Dramatik: Gänzlich unerwartet kam der Bergrutsch nicht. Im Gutachten zur Standsicherheit von 1999, das die ehemaligen Schaumburger Steinbrüche auf Anordnung von Stadt und Landkreis als Erfolgskontrolle für die Sprengungen von 1997 in Auftrag gegeben haben, wird die komplette Steilwand als instabil bewertet.

    Schon Mitte der 80er Jahre war der Messingsberg ins Rutschen gekommen, ein Teil des Kammes schob sich auf der abfallenden Gleitschicht langsam nach Norden vor. 1997 beschleunigte sich die Bewegung – 35 000 Kubikmeter Fels wurden als Sicherungsmaßnahme abgesprengt.

    Das Gutachten jedoch bilanzierte: „Eine sukzessive Ausdehnung der Gleitbewegungen in östlicher Richtung ist nicht auszuschließen.“ Das Abbaugebiet wurde in Zonen „akuter“ und „latenter“ Rutschgefährdung eingeteilt. Auch dort, wo der Abbau erst noch erfolgen sollte, wurde nach dem Endabbau eine Rutschgefährdung prognostiziert.

    Mit Entlastungssprengungen sollte die Gefahr gebannt werden. Auch für die zu diesem Zeitpunkt noch nicht freigelegten Abschnitte der Steilwand – die jetzige Rutschstelle – wurde vorgeschlagen, die Standsicherheit anschließend durch Sprengungen zu gewährleisten.

    Einen Stopp des Abbaus haben die Gutachter nicht empfohlen.wer

  • Gutachten von 1999: Komplette Steilwand instabil und
  • Interview mit Prof.Dr. Krapp 2000
  • Der Messingberg - Ein Berg und seine Geschichte  ( die pdf-Datei finden Sie hier)

 

Schaumburger Zeitung, Schaumburg Lippische Landeszeitung, Dewezet am 13.12.2004

 

 

    Massiver Bergrutsch: Es donnert bis Rolfshagen

    Steilwand des Messingsbergs stürzt auf fast 300 Metern Länge ein / Keine warnenden Anzeichen

    Rinteln/Steinbergen (wer). Ratlos steht Dr. Siegfried Klingebiel, Geschäftsführer der Norddeutsche Naturstein GmbH, vor der riesigen Geröllhalde, die sich mehr als fußballfeldgroß im Steinbruch erstreckt – die Reste der Steilwand, die in der Nacht auf Sonntag eingestürzt ist. Der Messingsberg ist im östlichen Abbaubereich auf einer Länge von fast 300 Metern weggebrochen, der Kamm sichtlich tiefer gesackt. Verletzt wurde niemand, nur ein Bohrgerät haben die Gesteinsmassen verschüttet.


    Im östlichen Abbaubereich (rote Zone) ist die Steilwand eingestürzt. Offenbar hat sich eine Felsspalte (kleines Bild) gelöst. Fotos/Archiv: tol

    Hätte sich der Bergrutsch während der Betriebszeit ereignet, wären die Folgen weniger glimpflich gewesen: Die Wand stürzte mitten in der Abbauzone ein. Die Gesteinsbrocken sind bis fast 300 Meter tief in den Steinbruch gerollt, ein Bagger wäre beinahe mitgerissen worden. Östlich der Hauptbruchstelle haben sich – wahrscheinlich durch die Erschütterung – ebenfalls Gesteinsbrocken gelöst.

    Ein Anwohner hat den früheren Geschäftsführer der Schaumburger Steinbrüche, Josef Wärmer, am Sonntagmorgen über den Bergrutsch informiert. Der Rolfshäger war in der Nacht durch ein lautes Donnern geweckt worden.

    Was die Steilwand einstürzen ließ, ist noch unklar. Gestern forschte der Geologe Dietmar Meier, der bereits an der Wülpker Egge Erfahrungen mit bewegten Bergen gesammelt hat, nach dem Auslöser des Rutsches. Warnende Anzeichen soll es nicht gegeben haben.

    Dass die Steilwand instabil ist, war bekannt. Bereits 1997 war der Messingsberg an anderer Stelle ins Rutschen gekommen, zwei Notsprengungen bremsten damals die Gleitbewegung. Ein Gutachten bescheinigte der Wand aber auch nach diesen Eingriffen potenzielle Instabilität.

    Mit weiteren präventiven Entlastungssprengungen sollte die Gefahr gebannt werden. Der Abbau jedoch ging weiter. Der Erfolg der ersten drei Sprengungen wurde an unterschiedlichen Messpunkten im Steinbruch regelmäßig kontrolliert – und bestätigt: Die Rutschbewegung soll in diesen Abschnitten so gut wie gestoppt worden sein. Auch in den letzten Monaten sei keine Bewegung festgestellt worden, sagt Klingebiel.

    Abgebrochen ist die Wand rund 100 Meter östlich der letzten Sprengstelle – erst im nächsten Jahr sollte hier gesprengt und ein Teil des Kammes als Bremsklotz vor die Steilwand gelegt werden.

    Prinzipielle Ursache für die Instabilität ist der Abbau bis 50 Meter an die Kammlinie. Die Steilwand, die auf einer rutschigen Gleitschicht steht, wurde durch das Abtragen der nördlichen Berghälfte ihres natürlichen Widerlagers beraubt. Ein grundlegendes Problem des Gesteinsabbaus in den Weserbergen, das nicht auf Steinbergen beschränkt ist: Vor zweieinhalb Jahren gab es auch an der Wülpker Egge kein Halten mehr, wie in Steinbergen rutschte ein Teil des Kammes talwärts. Im Vergleich zum Desaster am Messingsberg erscheint der Abrutsch in Wülpke aber eher als kontrolliertes Vorbeben: In Steinbergen stürzte auf viel größerer Länge eine vielfache Menge Gestein in die Grube.

    Der Messingsberg gilt überdies ob seiner Spalten als rutschgefährdet. Wie ein Netz durchziehen tiefe Klüfte den Berg. Offenbar hat sich am Sonntag eine solche Spalte vom Rest des Berges gelöst.

    Mitarbeiter des Steinbruchs sperrten gestern den Wanderweg auf dem Kamm des Berges ab. Geschäftsführer Klingebiel, der aus Peine zum Krisenmanagement nach Steinbergen kam, sprach von „Riesenglück“, dass sich der Bergrutsch außerhalb der Arbeitszeit ereignete. Auch Landrat Heinz-Gerhard Schöttelndreier und Jörg Farr vom Landkreis informierten sich gestern im Steinbruch über die Sicherungsmaßnahmen.

    Heute ruht der Betrieb in Steinbergen. Die Norddeutsche Naturstein GmbH will heute Nachmittag auf einer Pressekonferenz erste Aussagen über den Auslöser des Bergrutsches machen.  Schaumburger Zeitung, 13.12.2004

    2009 - Aktuell -  Seite über den Messingberg

Berzereissen1

 

Schaumburger Zeitung, Schaumburg Lippische Landeszeitung am 21.10.2004

 

 

    Nachgemeldet: „Fliegenschisse auf der Landkarte“

    Sieben weitere FFH-Gebiete in Schaumburg / Nordhänge der Wesergebirgskette bleiben außen vor

    Landkreis (crs). 253 weitere FFH-Gebiete (Flora Fauna Habitat) meldet das Land Niedersachsen an die EU nach, sieben davon liegen im Landkreis Schaumburg. Nicht dabei ist die von der Aktionsgemeinschaft Weserbergland wiederholt geforderte Erweiterung des FFH-Gebietes 112: Als „Armutszeugnis“ bezeichnet Elke Reineking als Sprecherin der Aktionsgemeinschaft diese „verpasste Chance“, auch die Nordhänge der Wesergebirgskette unter FFH-Schutz zu stellen. Ihre Kritik: „Ausgerechnet das Gebiet, für das am meisten gekämpft wird, bleibt ausgespart. Das ist mir unbegreiflich.“

    Kein Zweifel: Auch die jetzt nachgemeldeten Gebiete im Landkreis, darunter ein knapp 1500 Hektar großes Areal des Schaumburger Waldes, seien „auf jeden Fall schützenswert“, betont Elke Reineking. „Aber man fragt sich schon, warum gerade die Nordhänge draußen bleiben“ – obwohl Kommunen und Naturschutzverbände sich wiederholt für deren Schutz stark gemacht hatten. Dabei sei die Umsetzung ganz einfach: Die Nordhänge der Weserberge sind zum größten Teil Staatsforst, „komplizierte Eigentumsfragen gibt es hier nicht“.

    Nicht mehr als „Fliegenschisse auf der Landkarte“ seien hingegen einige der für Schaumburg nachgemeldeten Gebiete, kritisiert Reineking. So umfassen insbesondere die zum Fledermaus-Schutz erfassten Flächen jeweils nur wenige Quadratmeter an Autobahnbrücken oder in Kirchtürmen und sind kaum als zusammenhängendes Gebiet zu erkennen. „Konsequenter wäre es hier gewesen, auch den umgebenden Lebensraum unter Schutz zu stellen“, bemängelt die Sprecherin der Aktionsgemeinschaft.

    Kein anderes Bundesland hat so wenig FFH-Gebiete gemeldet wie Niedersachsen. Auf 11,6 Prozent beziffert die Landesregierung die an die EU gemeldete Landesfläche nach den Nachmeldungen. Eine Rechnung, die Elke Reineking nicht nachvollziehen mag: Gerade mal sieben Prozent der Landesfläche seien gemeldet, wenn man das Niedersächsische Wattenmeer außen vor lasse – „und das ist ja wohl nur stundenweise Land“. Zum Vergleich: Schleswig Holstein kommt auf 40 Prozent (14 Prozent Landfläche), Dänemark auf 24 Prozent (12 Prozent Landfläche).

    Noch mag Elke Reineking die Hoffnung auf eine Nachmeldung nicht aufgeben. Im Landtag ist eine kleine Anfrage aus der SPD-Fraktion noch nicht beantwortet – und eines sei ohnehin klar: „Wir kämpfen bis zum Ende.“ Schaumburger Zeitung, 21.10.2004

 

Schaumburger Zeitung, Schaumburg Lippische Landeszeitung und SN am 29.03.2005

 

 

    Neuhäuser: NNG soll Gewinn aus Bergsanierung spenden

    SPD-Ratsherr: "Verwertung ist unanständig"

    Rinteln (wer). SPD-Ratsherr Gert Armin Neuhäuser fordert die Norddeutsche Naturstein GmbH (NNG) auf, sich freiwillig zu verpflichten, einen möglichen Gewinn aus dem Verkauf abgetragener Gesteinsmassen zu spenden.

    Neuhäuser reagiert auf die Berichterstattung unserer Zeitung, in der eine Mitarbeiterin des Büros Luckwald (das eng mit der NNG kooperiert) erklärt hatte, die durch eine Abtragung des Bergkamms anfallenden Gesteinsmassen seien potenziell "verwertbar". "Aus meiner Sicht ist eine derartige wirtschaftliche Verwertung unanständig, da Sie in einem solchen Fall von der weiteren und endgültigen Zerstörung des Berges über das genehmigte Maß hinaus in das Landschaftsschutzgebiet hinein noch Profit schlagen würden", schreibt der Ratsherr an die NNG.

    Neuhäuser schlägt der Geschäftsführung eine freiwillige Selbstverpflichtung vor, den Verkaufsgewinn aus Gesteinsmassen, "die Ihnen durch den absehbaren Tod des Messingsbergs jetzt gleichsam zufallen", für Naturschutz und Kinderbetreuung zu spenden. Immerhin hätte die Beseitigung des Berges "massive Konsequenzen für Natur- und Landschaftsschutz", den Kindern würde erneut ein Stück Natur verloren gehen. Als Spendenempfänger nennt der Ratsherr deshalb das Umweltschutzzentrum des Naturschutzbundes und Kindertagesstätten in Rinteln.

    "Ich denke, dass es auch und gerade aufgrund der in der Schaumburger Zeitung dargestellten Chronologie bei der Erteilung der letzten Bodenabbaugenehmigung in Ihrem eigenen Interesse liegt, durch das beschriebene Vorgehen ihr eigenes Bild in der Öffentlichkeit zu korrigieren", empfiehlt Neuhäuser der Geschäftsführung. Schaumburger Zeitung, 29.03.2005