Gutachter: “Beseitigung des Restgebirges”
Prof. Dr. Krauter zum Messingsberg: Rutschzone nicht zu sanieren / Abtrag bis auf die Gleitschicht
Von Frank Werner
Steinbergen. In den Worten von Prof. Dr. Edmund Krauter klingt es ebenso nüchtern wie unabwendbar. Der
Gutachter lässt keinen Zweifel daran, dass der Bergrutsch in Steinbergen die "Beseitigung des Restgebirges"
nach sich ziehen wird. Sicherungsmaßnahmen seien im Rutschbereich nicht möglich, erklärt Krauter gegenüber unserer Zeitung - der Kamm des Berges müsse abgetragen werden.
Die Norddeutsche Naturstein GmbH (NNG) hat frühestens für Mai handfeste Ergebnisse der beauftragten
Gutachter angekündigt. In einem Punkt legt sich Krauter aber bereits fest: Im dem 300 bis 400 Meter langen
Bereich, in dem die Steilwand am 11. Dezember eingebrochen ist, kommt jede Rettung zu spät.
Wahrscheinlich bis auf die Heersumer Gleitschicht müsse das Gestein beseitigt, "ein Großteil des Korallenooliths" abgetragen werden.
Das bedeutet: Auf der durch den Bergrutsch bis jetzt nur leicht angekratzten Südseite des Messingsbergs
(Blick von Steinbergen) würde die Kammlinie rund 15 Meter tiefer gelegt. Auf der Nordseite würde noch weitaus
mehr Gestein abgetragen, die Gleitschicht liegt hier auf Höhe der Steinbruchsohle. Silke Uelzmann vom
Planungsbüro Luckwald kündigt schon jetzt eine dreidimensionale Visualisierung des geplanten Eingriffs am Messingsberg an.
Wie der Berg angesichts der Geröllmassen und gleitenden Gesteinsblöcke abgetragen werden kann, soll ein
zweiter Gutachter ermitteln. Mit der technischen Abwicklung hat die NNG Prof. Dr. Hossein Tudeshki von der Technischen Universität Clausthal beauftragt.
Unklar ist außerdem, wie der Übergang zum westlichen Teil des Berges gestaltet werden soll. Auch die
grundsätzliche Frage, ob und wie der westliche Teil der Steilwand gesichert wird, soll erst im Mai beantwortet werden.
Folgt die NNG ihrem Gutachter und beantragt die "Beseitigung des Restgebirges", kommt ein größeres
Verfahren auf die Behörden zu. Der Südhang, vom Abbau bisher verschont, liegt im Landschaftsschutzgebiet, das zuvor aufgehoben werden müsste.
Gewerbeaufsichtsamt und Landkreis müssten die Tieferlegung des Berges genehmigen. Und dabei wohl auch
die Frage klären, was mit dem abgetragenen Gestein geschehen soll. Das Büro Luckwald bewertet das Gestein
- im Gegensatz zu den abgestürzten Felsmassen - als "vernünftiges Material", das wirtschaftlich verwertbar sei.
In den nächsten Tagen will die NNG den Tagebaubetrieb im nördlichen Abbaufeld an der Autobahn wieder
aufnehmen. Das Gewerbeaufsichtsamt hat das installierte Frühwarnsystem (siehe Fakten) abgenommen und
am Dienstag eine entsprechende Verwaltungsverfügung erteilt. Zunächst müssen die Fahrwege von Geröll
befreit werden. Eine Gefahr der Nachrutschung bestehe dadurch nicht, teilt die NNG mit. Notwendig werde
allerdings ein Abflachen der hangseitigen Böschung entlang der Wege. Schaumburger Zeitung, 26.03.2005
![](../../../../Die_Weserberge/Messingberg/Katastr__Messingberg/Dr_Krauter_26_03_05/Fakten23.jpg)
Fakten
Frühwarnsystem, Schutzzonen und Alarmplan am Messingsberg
Das Frühwarnsystem am Messingsberg umfasst fünf “Extensometer” und zwei “Fissurometer”. Bei den
“Extensometern” (siehe Foto) handelt es sich um über den Kamm gespannte Stahlseile, die aufgrund ihrer
festen Verankerung Bewegungen im Millimeterbereich anzeigen. Die beiden “Fissurometer” messen den
Abstand von Spaltenrändern auf dem Kamm. Die Messtechnik arbeitet rund um die Uhr und liefert die Daten
digital an das Gutachterbüro und an die NNG. Wird ein Schwellenwert für Bewegungen überschritten, wird automatisch Alarm ausgelöst.
Der Gutachter hat zwei Schutzzonen im Steinbruch abgegrenzt und einen Alarmplan erarbeitet. In Schutzzone
1 am Fuß der Steilwand ist das Arbeiten, Befahren oder Abstellen von Geräten verboten. In Zone 2 kann
gearbeitet werden, solange das Frühwarnsystem keine Bewegungen meldet. wer Schaumburger Zeitung, 26.03.2005