Neue Deister Zeitung

 

 

    Schuhkarton für den Landeschef „Die Wirtschaft ist stinksauer“

    Bad Münder/Hannover (mari). Etappensieg für die Aktionsgemeinschaft Weserbergland: Die Gesteinsabbau-Gegner haben Ministerpräsident Sigmar Gabriel gestern Mittag knapp 14 000 Unterschriften überreicht. Gabriel diskutierte 25 Minuten mit den Aktivisten – konkrete Zusagen machte er ihnen jedoch nicht.


    Foto: Helmut Fasse (Mitte) und Elke Reineking (Rechts) erklären Ministerpräsident Sigmar Gabriel (l.) das Motto der Bürgerinitiative: „Von uns gibt es keinen Berg mehr“. Anschließend überreicht Aktivistin Elke Reineking (r.) dem Landeschef die gesammelten 14 000 Unterschriften gegen weiteren Gesteinsabbau im Wesergebirge und der Süntel-Region. Foto: mari

    Punkt elf Uhr standen „Weserbergland“-Sprecherin Elke Reineking (Rinteln) und die Münderaner Helmut Fasse, Dirk Reinecke, Helmut Mönkeberg, Andreas Mundt, Roman Mundt, Mario DiTullio sowie Grünen-Landtagsabgeordneter Thomas Schröder vor dem Landtag in Hannover. Ihr Anliegen: Sie hatten in drei Monaten einen Schuhkarton voll mit Unterschriftenlisten gesammelt. Der Protest richtet sich gegen neue Steinbrüche im Weserbergland und im Süntel. Die Unterschriften wollte die Gruppe ihrem Landeschef vertrauensvoll in die Arme legen. Die Aktivisten haben bereits erreicht, dass das Dachtelfeld im neuen Landesraumordnungsprogramm nicht als vorangiges Abbaugebiet ausgewiesen wird. Was langfristig mit dem Dachtelfeld passiert, soll in einem Mediationsverfahren – einem runden Tisch – vorbereitet werden. Als die Gesteinsabbau-Gegner gestern vor dem Leineschloss ihre Plakate und Poster entrollen wollten, stoppte sie ein Sicherheitsbeamter: „Keine politische Willensäußerung per Plakat in der Bannmeile!“ Die Gruppe musste auf ihren Gesprächstermin mit Gabriel warten, erst dann durfte sie auf sich aufmerksam machen.

    Der Ministerpräsident erschien pünktlich, aber nicht mit bester Laune. Er ließ Elke Reineking das Anliegen der Gruppe schildern, bat sie um Alternativvorschläge. Aber als ihm Dirk Reinecke vorwarf, er betreibe in punkto Gesteinsabbau eine Verschiebetaktik, „um sich über den Wahltermin hinwegzuhangeln“, wurde er ärgerlich. „Wir sind auf keinem Basar hier! Wenn Sie nur Ihre Argumente hören wollen, macht das Mediationsverfahren keinen Sinn. Dann gehen wir jezt in eine offene Entscheidung.“ Das angestrebte Mediationsverfahren sei ein Teilerfolg für die Bürgerinitiative, gar eine – so Gabriel wörtlich – „außergewöhnliche Entscheidung“. Die Wirtschaft sei „stinksauer“ über diesen Weg. Außer den Unterschriften überreichte Elke Reineking dem Ministerpräsidenten auch eine 65-seitige Dokumentation mit den Anliegen ihrer Gruppe. Exemplare erhalten auch Wirtschaftsministerin Dr. Susanne Knorre und CDU-Landes-Chef Christian Wulff. Sigmar Gabriel stellte Elke Reineking in Aussicht, ihre Gruppe werde an dem Mediationsverfahren teilnehmen können. Ob dies tatsächlich der Fall ist, wird sich allerdings erst nach der Sommerpause entscheiden. Denn erst dann wird der runde Tisch einberufen.

    Münders Ortsbürgermeister Helmut Fasse (CDU) hat für den Fall vorgesorgt, dass die Unterschriftenlisten in der Staatskanzlei verloren gehen. „Wir haben jede Liste fotokopiert.“ Fasse war mit dem Gespräch durchaus zufrieden. „Wir müssen das Mediationsverfahren als Chance verstehen. Die einzige, die wir haben.“ Bis das Verfahren beginnt, gönnen sich Fasse & Co eine Verschnaufpause. „Aber falls nötig, sammeln wir noch mehr Unterschriften!“ Neue Deister-Zeitung, 16.05.2002