Deister- und Weserzeitung Hameln                                                         Dewezet

    Von Lobbyisten, Geld und Wasser

    Forstämter profitieren vom Raubbau

    Weserbergland. Mit den Steinbrüchen im Messingsberg, in der Westendorfer Egge, im Riesenberg, im Mattenberg, im Ith und auf der Ottensteiner Hochebene gibt es, wie in den vorangegangenen Folgen unserer Serie beschrieben, genügend Kapazitäten, um den zu erwartenden Bedarf an Hartgestein für die niedersächsische Bauwirtschaft über Jahrzehnte hinaus abzudecken. Dennoch werden die Lobbyisten der Steine- und Erdenindustrie nicht müde, den Aufschluß immer neuer Steinbrüche zu fordern und auch die letzten noch intakten Berge in den Kreisen Schaumburg und Hameln-Pyrmont zum Abbau freizugeben.

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    Der Riesenberg-Steinbruch kann noch bis zu 25 Jahre produzieren, Erweiterungsgenehmigungen sind erteilt,. Foto:e.

    Besonders engagiert in der Lobbyarbeit zeigt sich die Industrie- und Handelskammer, die nach dem Regierungswechsel im vergangenen Jahr einen Forderungskatalog aufgestellt hat, der sich für Gegner von Gesteinsabbau an der Weserbergkette und von Kiesabbau im Wesertal wie ein Horrorkatalog liest: Jeder Berg soll freigegeben werden, jedes Kiesvorkommen im Tal ausgebeutet werden â- freie Fahrt für die weitere Natur- und Landschaftszerstörung.

    Die Genehmigungsbehörden haben diesen Forderungen in der Vergangenheit erstaunlich wenig Widerstand entgegengesetzt. Egal welche Partei die Landesregierung stellte, die Interessen der Steine- und Erdenindustrie wurden stets mit großem Wohlwollen betrachtet. So hatte sich noch in der Ära Gabriel auf Ministeriumsebene eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe gebildet, die klammheimlich Erweiterungen der bestehenden Steinbrüche in Süntel und im Wesergebirge und den Aufschluss neuer auf den Weg bringen wollte, was letztlich in dem Plan einmündete, das Dachtelfeld zum Abbau freizugeben. Verbrämt wurde dieses Vorgehen mit dem Hinweis, man wolle ,,die Wettbewerbssituation in der niedersächsischen Steinbruchindustrie sichern“. Ein Vorhaben, das die beteiligten Unternehmen selbst untergraben haben: Die Hartsteinbrüche der Berneburg-Gruppe (Westendorf und Mattenberg) schlüpften unters Dach der Schaumburger Steinbrüche Steinbergen, diese widerum gingen in der Norddeutschen Naturstein GmbH (NNG) auf, die mit Firmensitz in Sachsen-Anhalt heute über ein Imperium an Abbaustätten in nahezu allen norddeutschen Bundesländern verfügt, die Veredlung des gebrochenen Gesteins ebenso betreibt, wie über ihre Anteilseigner in Straßenbau und Entsorgungswirtschaft aktiv ist. Kurzum: Die Wettbewerbssituation ist nicht mehr gegeben, die gesamte Wertschöpfungskette rund ums Gestein wird von der NNG und ihren Gesellschaftern genutzt.

    Dass die Landesbehörden bei anstehenden Genehmigungsverfahren weiteren Abbauvorhaben durchaus positiv gegenüberstehen, liegt in einer Besonderheit: Die für Steinbrüche benötigten Waldflächen liegen überwiegend im Staatsforst, Förderzins und Pacht entlasten in hohem Maße den Finanzminister, der die chronisch defizitären Forstämter dank üppig fließender Zahlungen der Steinbruchindustrie geringer Alimentieren muss.

    Dabei treten die Risiken durch weiteren Abbau im Genehmigungsverfahren deutlich in den Hintergrund. Risiken, deren gesamte Tragweite heute noch gar nicht abschätzbar, geschweige denn ausreichend untersucht worden sind. Sicher ist so viel: Allen Beteuerungen zum Trotz können die Steinbrüche nicht rekultiviert werden. Anpflanzungen und Aufschüttungen mit Abraum haben allenfalls Feigenblattfunktionen. Zurück bleiben Steilwände, die zwar dem Uhu neuen Lebensraum schaffen, ansonsten aber auf Sicht dazu führen, dass die Kämme der Weserberge erodieren, die Wälder durch Austrocknung absterben, die Filterfunktion des Waldes fürs Trinkwasser nachlässt, sich möglicherweise Veränderungen im Mikroklima einstellen und Natur- und Erholungsräume für Mensch und Tier in der am dichtesten besiedelten Region Niedersachsens für immer verloren gehen.

    Als 1990 der Möncheberg zwischen Rohden und Deckbergen als Steinbruch aufgeschlossen werden sollte , hat die Landesregierung nach erheblichen Protesten aus der Bevölkerung eingelenkt. Grund dafür war eine wissenschaftliche Arbeit, die nachwies, dass der Berg eine entscheidende Funktion für die Trinkwassergewinnung im Wesertal hat. Dem Trinkwasserschutz wurde daher der Vorrang eingeräumt. Angesichts des immer knapper werdenden Gutes Trinkwasser könnte der Schutz desselben in den kommenden Jahren die Diskussion um weiteren Gesteins- und Kiesabbau in unserer Heimat beherrschen: Ungehemmter Abbau kann auf Dauer die Trinkwasservorkommen im Wesertal schädigen – weil halbierte Berge ihrer Aufnahme- und Reinigungskapazität beraubt werden, weil die Kiesschichten in der Weserniederung ihre Filterfunktion nicht mehr wahrnehmen können. Dewezet, 29.05.2004

     

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

    Die Aktionsgemeinschaft Weserbergland-Schaumburger Freunde              

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