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Mittwoch, den 11. August 2004

Statt Erholung mehr Lastwagen im Wald

Land will Schotterpisten für Holzabfuhr ohne Genehmigung bauen

Von Margit Kautenburger, Hannover

Die niedersächsischen Wälder sollen künftig mehr Geld einbringen. Dazu gehört nach den Vorstellungen der Landesregierung auch ein gutes Netz an Forstwirtschaftswegen, die das ganze Jahr über mit schwrene Lastwagen befahren werden können. Noch müssen sich Sägewerke und andere Holzverarbeiter bei der Abfuhr von eingeschlagenen Fichten, Buchen und Kiefern nach dem Wetter richten. Gibt es eine Regenperiode, sind die Holzabfuhrwege matschig und für große Transporter unpassierbar. Künftig soll die Industrie zu jeder Zeit beliefert werden können - und zwar auf gut ausgebauten Wegen. Nach dem Willen von Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen (CDU) sollen diese Pisten sogar ohne Genehmigung gebaut werden dürfen. Ein entsprechender Gesetzentwurf zur Änderung der Bauordnung liegt vor.

Grüne, Naturschützer und viele Förster schlagen Alarm. Sie fürchten, dass der landeseigene Wald nur noch als Holzlieferant gesehen, sein Wert für Freizeit und Erholung hingegen vernachlässigt wird. “Genehmigungsfreien Rennpisten im Wald darf es nicht geben”, sagt Jörg-Andreas Krüger, stellvertretender Vorsitzender des Naturschutzbundes Deutschland in Niedersachsen. “Das schadet der Natur, und auch den Touristen wird es nicht gefallen, auf breiten Schotterpisten zu wandern.”

Schon die Absicht des Landes, von Radfahrern oder Reitern eine “Waldmaut”, also eine Benutzungsgebühr zu verlangen, hatte Aufregung ausgelöst. Auch die Veränderungen beim Wegebau hängen offenbar mit der Ausgliederung der Landesforstverwaltung zusammen, die 2005 in eine Anstalt öffentlichen Rechts umgewandelt werden soll. “Es soll mehr Geld herausgeholt werden”, sagt die Grünen-Abgeordnete Dorothea Steiner. Die Forstverwaltung schreibt rote Zahlen, rund 50 Euro Zuschuss pro Hekrtar Wald müsse Niedersachsen zahlen. Diese Bürde wolle das Land loswerden.

Auch Forstleute befürchten Schlimmes. “Lastwagenverkehr zu jeder Zeit” sagt ein Förster voraus, der seinen Namen lieber nicht nennen möchte. Weil Personal abgebaut werde und es an Geld fehle, rechnet er damit, dass Waldwege nicht mehr gepflegt werden. “Man wird die Schotterpisten befahrbar halten. Erholungswege kommen im Konzept des Landes überhaupt nicht vor.”

Die Forstverwaltung betreut derzeit rund 7500 Kilometer Forstwirtschaftswege und 2580 Kilometer reine Wanderwege. “Vorhandene Wege werden ausgebaut, neue Pisten in großem Stil wird es nicht geben”, sagt der Sprecher des Landwirtschaftsministeriums Gerd Hane. Schon aus Geldmangel würden keine unnötigen Wege angelegt. Auf die Genehmigungen werde verzichtet, um unnötige Bürokratie abzubauen, sagt Hahne.Umso intensiver könnten sich die Forstleute ihrer eigentlichen Aufgabe widmen: “der Hege und Pflege des Forstes”.

Es gehe nicht darum, für jeden kleinen Waldweg ein bürokratisches Verfahren einzuleiten, kontern die Grünen. Eine bis zu 3,50 Meter breite Schotterstraße bedeute aber einen schweren Eingriff in die Natur, bei dem Feuchtgebiete zerstört oder Quellen zugeschüttet werden könnten, meint die umweltpolitische Sprecherin Steiner. HAZ, 11.08.2004

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Bündnis 90 / Die Grünen Niedersachsen (http://www.gruene-niedersachsen.de) am 12. August 2004

    Grüne gegen genemigungsfreien Bau von LKW-Trassen durch den Wald - Landesregierung auf dem Holzweg

    LTF/hjk/zm/PM 230/12.08.2004

    Den Plan der Landesregieung, durch eine Änderung der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) künftig den Bau von Lastwagentrassen durch den Wald ohne Genehmigung zuzulassen, haben die Landtatagsgrünen scharf kritisiert. “Es ist nicht zu rechtfertigen, dass für die Ausweitung der Holzproduktion per Gesetz besondere Privilegien eingeräumt werden” , sagte der forstpolitische Sprecher Hans-Jürgen Klein am Donnerstag in Hannover. Nach den Plänen der Forstverwaltung sollen in den nächsten Jahren die Holzabfuhrwege umfangreich ausgebaut werden, so dass sie ganzjährig bei jedem Wetter mit 40-Tonnen-LKW befahren werden können. Der Vorteil für die holzverarbeitenden Firmen läge darin, dass ihr Aufwand für die Lagerhaltung sinkt, weil die Holzlager in den Wald verlegt werden. Die Kosten würden so auf die Steuerzahler abgewälzt.

    “Gerade der Wald hat vielfältige Funktionen: Er ist prägendes Landschaftselement, wichtiges Ökosystem und wird von den Bürgern für Freizeit und Erholung genutzt. Wenn der massive Ausbau von LKW_Trassen jetzt genehmigungsfrei erfolgt, müssen diese schwerwiegenden Eingriffe nicht mehr nach dem Naturschutzrecht ausgeglichen werden”, kritisiert die umweltpolitische Sprecherin Dorothea Steiner. Die Grünen-Politker betonten, dass es ihnen nicht darum ginge, für jeden kleinen Waldweg umfangreiche Prüfungen vorzuschreiben. Aber für LKW-Schneisen sei ein Genehmigungsverfahren unverzichtbar.

    Die Landesregierung versuche im Hauruck-Verfahren die Ausgangssituation für den privatwirtschaftlichen Betrieb der künftigen “Anstalt öffentlichen Rechts - Landesforst” zu verbessern. Von diesem Vorgehen sei nach Einschätzung der Grünen aber mehr Schaden für den Wald als Nutzen für die Forstwirtschaft zu erwarten. “Mit dem genehmigungsfreien LKW-Trassenbau beginnt der Ausverkauf der Wälder. Die Landesregierung ist auf dem Holzweg”, sagten die Grünen-Politker. “Der Landeswald gehört immer noch den Bürgern. Gerade in den landeseigenen Wäldern dürfen Naturschutz- und Erholungsfunktion nicht hinter der Holzwirtschaft zurückstehen.”